Home again!

Sonntag, 23. September 2018, exakt 868 Tage und 16’398 Seemeilen sind seit unserer Abfahrt in Stavanger, Norwegen, vergangen. Und nun sind wir zurück. Diese Reise ist zu Ende.
Der Vorhang fällt, der Applaus verebbt und das Orchester packt die Instrumente zusammen. Das Publikum strebt dem Ausgang zu. Manche hastig, um den letzten Zug zu erreichen, andere haben keine Eile. Wir sitzen bis fast zuletzt im sich leerenden Auditorium, erheben uns nur zögerlich im Versuch, all die Erinnerungen einzufangen und im Herzen mit in die Nacht zu nehmen.
Bei unserem Aufenthalt in New York, im letzten Sommer, hatten wir die Gelegenheit eine wunderbare Aufführung des Mittsommernachtstraum zu erleben. Das Schauspiel, die Inszenierung, das ganze Ambiente, eine Freilichtbühne mitten im Central Park, hat uns gefangen und berührt. Und es war als ob wir mit dem Applaus aus einem Traum erwachen würden. Blinzelnd, die Augen reibend dem Ausgang zustrebend. Und heute wiederholt es sich. Und wiederum streben wir blinzelnd, die Augen reibend dem Ausgang zu. Dem Ausgang unserer Reise entgegen. Der Kopf, das Herz gefüllt mit Erinnerungen, Eindrücken, Erfahrungen. Tausende, unzählige. Wo beginnen wir bloss zu erzählen?

Vielleicht beim letzten Blog Beitrag? Damals waren wir im Dilemma mit der Welle und Schottland. Und wir haben uns gegen die Welle und gegen Schottland entschieden. Beide mögen es uns verzeihen. Und so sind wir anstelle 36 Stunden schaukelnd nach Süden zu segeln, in der Nacht darauf bei moderaten Winden und mässig bewegter See von den Faröer Islands auf die Shetlands gesegelt. In Scalloway fanden wir eine geschützte Anlegemöglichkeit, einen typisch englischen Pub und sonntags einen währschaften Sunday Roast, Braten mit Kartoffelstock und viel, viel Sauce.

In Scalloway, im erwähnten Pub und beim beschriebenen Sunday Roast, haben wir unsere Ruhe wiedergefunden. Nicht, dass wir sie verloren gehabt hätten, aber sie wurde in den letzten Wochen etwas vom Wetter und den noch zu segelnden Seemeilen in den Hintergrund gedrängt. Aber auf den Shetlands angekommen, atmeten wir auf. Wir wussten nun, dass es nur noch etwa 500 Meilen bis Holland zu segeln sind und dass wir dafür noch fast einen ganzen Monat Zeit haben. Und wenn wir das heute so schreiben, werden wir uns bewusst, wie sich Relationen und Prioritäten verschieben. Noch vor 868 Tagen waren Strecken über 50 Meilen eine Herausforderung. Mehr als eine Nacht unterwegs zu sein, bereitete uns Bauchschmerzen. Heute ist’s vor allem das Wetter und die See. Ist uns beides wohl gesinnt, sind selbst 500 Meilen am Stück zu segeln eine valable Option.

Und das Wetter war uns wohl gesinnt, wir nutzten ein langsam ostwärts wanderndes Hochdruckgebiet und segelten an dessen Vorderseite von den Shetlands quer über die Nordsee, im Slalom vorbei an unzähligen Öl- und Gasplattformen, zwischen den friesischen Inseln hindurch ins Wattenmeer und mit der einsetzenden Flut gleich bis nach Harlingen. Und irgendwo in der Nordsee, wohl so bei Sonnenaufgang am vierten Tag, vor der Küste von Terschelling haben wir unsere Kurslinie gekreuzt. Die «Atlantikrunde» vollendet, ein Kreis geschlossen.

Als hätten wir es seit Wochen geplant, kamen wir just am Vorabend des jährlichen Breehorn-Treffens in Holland an. Und so war es natürlich für uns keine Frage, dass wir am Treffen auch teilnahmen. Zwar war das Treffen nicht als Willkommens-Party für uns gedacht, aber trotzdem fühlte es sich so etwa an. Ein wunderbarer Abend mit Gleichgesinnten, Austausch von Erfahrungen, Erzählungen und gutem Essen. Und zugleich unser letzter «Pot-Luck» dieser Reise.

Heute liegen wir nun wieder in Woudsend. Fast alles schon in Kisten und Taschen verpackt, das Winterlager organisiert und der Verkaufsprozess aufgesetzt. Selbst die ersten Interessenten hatten wir schon an Bord. Und, wenn wundert’s – sie haben sich gleich in Richard Parker verliebt. Ob’s jedoch zur Vertragsunterzeichnung reicht? Wir werden es sehen. Schwerlich werden wir uns trennen können. Aber Richard Parker zu behalten und ihn nur während ein paar wenigen Wochen im Jahr segeln zu können, das wäre nicht artgerecht.

Liebe Blogleserinnen und Blogleser. Das ist unser letzter Blogbeitrag.
Danke für eure Interesse und eure Anteilnahme an unserer Reise. Eure guten Wünsche und Gedanken haben uns erreicht und uns über die Wellen getragen. Wir sind gesund und glücklich wieder zurück und freuen uns, euch, hoffentlich sehr bald, von Angesicht zu Angesicht, zu sehen und zu hören, was euch die letzten 868 Tage bewegt hat.
Vera & Dominique & Richard Parker

Ein Tief kommt selten alleine

Wie an einer Schnur aufgereiht, zieht ein Tief nach dem andern von Westen nach Osten über den nordatlantischen Ozean. Während in Mitteleuropa seit Wochen, ja bald seit Monaten ein Jahrhundertsommer vorherrscht, begleitet uns auf unserer Route all das schlechte Wetter, wofür es im sonnenverwöhnten Europa keinen Platz mehr hat. Wir haben auch ein Herz für Tiefdruck-Gebiete, sicher, aber langsam wird’s etwas viel. So Tiefdruckgebiete sind im Umgang recht schwierig. Sie haben einen recht unsteten Charakter, sind launisch und neigen gar teilweise zu Jähzorn. Kommen sich zwei dieser borstigen Tierchen gar zu nahe, reagieren beide mit stürmischen Winden und der Ausbruch ihrer Emotionen wirft gar manche hohe Welle, welche selbst in hundert Meilen Distanz noch zu spüren sind. Kaum etwas mag sie zu beruhigen. Gutes Zureden hilft schon gar nicht!

So versuchen wir uns halt im Umgang mit ihnen, planen unsere Etappen so, dass wir möglichst zwischen zwei Tiefs hindurch rutschen können und bevor das nächste kommt in einem sichern Hafen liegen. Nicht immer gelingt uns das, insbesondere, wenn die Etappe länger als zwei Tage dauert, müssen wir damit rechnen, mindestens zwei dieser Tiefs auszuhalten. Anstrengend. Ein Tief kommt selten alleine weiterlesen

Nachtrag – Nachrichten aus der Labrador See

Die Blog Beiträge über Satellit haben diesmal leider nicht funktioniert. Hier nun ein Nachtrag, der Vollständigkeit halber und in umgekehrter chronologischer Reihenfolge

Mitten im Nirgendwo

Meine Wache, Vera schläft. Draussen steht die Sonne noch knapp über dem Horizont und der Schwell bewegt das Schiff hin und her. Gerade noch erträglich. Nachtrag – Nachrichten aus der Labrador See weiterlesen

Grönland!

Nanortalik, Regen, Nebel und gefühlte 10°C – wir liegen an der Pier, bei Royal Artic, dem nationalen Fracht-Unternehmen, müssen uns am Sonntag verholen, weil ein Frachter reinkommmt. Aber ansonsten können wir hier liegen. Der Frachter, die MV Mary Arctica, welche hier lag als wir ankamen, hat uns sogar angefunkt, und gemeint, dass sie nach dem Mittag auslaufen würden und wir dann ihren Liegeplatz übernehmen können. Das wünschen wir uns auch beim nächsten Besuch in Hamburg oder so. Haben zudem im Hafengelände eine Steckdose gefunden und dank ein paar Verlängerungskabel, die Heizung läuft, ist es richtig gemütlich an Bord. Diesel soll’s auch irgendwo geben, Wasser müssen wir mit Kanistern holen und Propan Gas finden wir wohl auch noch. Grönland! weiterlesen

News von SY Richard Parker

Für besonders Interessierte; neu haben wir einen Live Track. Wir übermitteln sobald wir unterwegs sind via Satellit regelmässig unsere Position und Schiffsdaten. Im Gegensatz zum AIS Signal, welches auf See nur sehr unregelmässig übermittelt wird, ist der Live Track recht zuverlässig. So könnt ihr „live“ mitverfolgen, wo wir gerade segeln. So zum Beispiel die nächsten Tage auf unserem Weg nach Labrador.

Bye bye Lunenburg

Mit Wehmut segeln wir aus der Bucht von Lunenburg hinaus, weg von jener kleinen Stadt, die Richard Parker während den kalten Wintermonaten eine Heimat bot. Und dennoch freuen wir uns sehr, endlich wieder Wasser unter dem Kiel zu haben, die Segel zu hissen und bei wunderbar frühsommerlichem Wetter zum nächsten Teil unserer Reise aufzubrechen. Reisen bedeutet auch immer wieder Abschied nehmen, aufbrechen zu Neuem, sich vom Liebgewonnen zu verabschieden. Manchmal fällt es uns leichter, diesmal etwas schwerer. Bye bye Lunenburg weiterlesen

Aufwachen! Fertig Winterschlaf!

Ein bis zwei Tage pro Woche sei es bereits möglich, ohne Handschuhe mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. So berichten uns Freunde aus Lunenburg, dort wo Richard Parker den Winter verbracht hat. Wie hat unser Schiff wohl die Monate erlebt? Alles heil geblieben? Keine Frostschäden? Hat die Batterieladung funktioniert? Die Werft meinte jeweils auf Nachfrage, dass alles Gut sei. Unsere Yacht stehe noch auf ihrem Bock. Wie ermutigend! Aufwachen! Fertig Winterschlaf! weiterlesen

Merry Christmas and happy new Year!

Das Jahr 2017 geht bald zu Ende; für uns ein weiteres Jahr an Bord von Richard Parker, voller einmaligen und unvergesslichen Erlebnissen, Begegnungen mit alten und neu gewonnenen Freunden, mit wertvollen und bereichernden Erfahrungen und zwölf Monaten Glück und Sonnenschein, selbst wenn es regnete und auch mal stürmte. Merry Christmas and happy new Year! weiterlesen

Hummer Slalom

Eine Boje, etwa so gross wie eine 2l PET Flasche, bunt bemalt, und mit einer langen Leine mit dem auf dem Meeresgrund liegenden Stahlkäfig verbunden. Darin meist ein paar bemitleidenswerte Hummer, da bald bei lebendigem Leibe gekocht. Das ist ein Lobster Pot. Etwas mehr als 5’000 Fischer gibt es im US Bundesstaat Maine, jeder Fischer darf maximal 800 Lobster-Pots ausbringen. Bei einer «befischbaren» Fläche von rund 50’000km2 im Golf von Maine, ergibt das zirka pro 100m2 ein Pot. Das ist eine Fläche von 10 auf 10 Meter. Unser Boot misst etwas über 12 Meter in der Länge und 4 Meter in der Breite. Hummer Slalom weiterlesen