Die Blog Beiträge über Satellit haben diesmal leider nicht funktioniert. Hier nun ein Nachtrag, der Vollständigkeit halber und in umgekehrter chronologischer Reihenfolge
Mitten im Nirgendwo
Meine Wache, Vera schläft. Draussen steht die Sonne noch knapp über dem Horizont und der Schwell bewegt das Schiff hin und her. Gerade noch erträglich.
Der Tag verlief zäh und die Nacht beginnt ebenso. Mit trägen 5 Knoten Fahrt schaukeln wir langsam gegen Grönland zu. Wir lassen Richard Parker kaum laufen, setzen nur wenig Segel und zum Bremsen ziehen wir zeitweise sogar ein langes Tau hinter uns her. Ja nicht zu schnell. Noch zwei Nächte müssen’s sein. Wir wollen bei Tageslicht ankommen.
Der Tag verlief ereignislos und die Nacht beginnt ebenso. Das Wetter, ungewohnt sanftmütig. Wenig Wind. Und wir schaukeln hin und her. Und in diesem Moment kommt Nebel auf, packt alles ein und selbst die weite Leere wird verschluckt und unsichtbar. Und ich starre auf den Radar. Nichts gibt’s zu sehen.
Und über uns klart es auf. Sterne leuchten, die Mondsichel ganz fein und schmal. Und ich bin froh.
Labrador Sea
57°19.69’N 049°27.76’W
COG 059°
SOG 5.1kn
Wassertemperatur 6.5°
Luft 7°C (Im Kühlschrank ist’s bald wärmer)
Noch 400 Seemeilen bis Grönland!
Es scheint, als hätten wir Wetterglück! Am Samstag sind wir in Labrador bei strahlendem Sonnenschein und mit einem Wetterbericht, der stetige Winde aus SW verspricht, nicht mehr als 6 Windstärken und moderaten Seegang, abgelegt und Richtung Grönland losgesegelt. Und bis jetzt hält der Bericht, was er verspricht. Und sogar die Aktualisierungen zeigen weiterhin eine sehr gute Tendenz.
Einen Drittel der Strecke haben wir schon zurückgelegt und planen bereits unsere Ankunftszeit. Die wollen wir so legen, dass wir uns mit dem ersten Tageslicht am Mittwoch der Küste nähern. Zwar hat es keine Eisfelder mehr, aber immer noch einzelne Eisberge und so genannte Growler. Kleinere Eisstücke, aber immer noch in der Grösse unseres Schiffes, die nur noch wenig aus dem Wasser herausragen und somit schwieriger zu erkennen sind. Die grossen Eisberge erkennen wir gut mit dem Radar. Das Gerät warnt uns automatisch, sobald vor unserem Bug ein Radarecho auftaucht. Die kleinen aber, erkennt es nur unzuverlässig und daher braucht es immer jemand an Deck, der Ausguck geht.
Die Gegend ist recht einsam, zu Beginn, entlang der Küste von Labrador, ein paar Eisberge, später zwei Fischerboote, jetzt nur noch ein paar Möwen und andere Seevögel.
Position am Sonntag, 15. Juli 2018, 1245 UTC
54°43.37N 052°45.53W
COG 063°
SOG° 6.4kn
Wassertemperatur 6.7°C
Luft 10°C
Endlich wieder nordwärts!
Etwas harzig war’s. Der Start in die letzte Etappe unserer Reise hat uns gefordert. Die ersten Wochen, ja fast zwei Monate, haben wir uns mehr mit Reparaturen und Ersatzteilen beschäftigt, als mit dem Reisen selbst. Den Autopilot mussten wir ersetzen. Den Ersatzautopilot ebenfalls. Und bei den Testfahrten der diversen Autopiloten hatten wir dann auch noch bald mehr Getriebeöl in der Bilge als im Getriebe selbst gehabt. Zwar ist jedes einzelne Problem, technisch gesehen, einfach zu lösen. Ein Ersatz Autopilot muss eingebaut und eine neue Dichtung zwischen Getriebe und Motor eingesetzt werden. Doch wo findet man qualifizierte Hilfe dafür? Wo kriegen wir rasch die benötigten Ersatzteile her? Ist’s wirklich nötig, gleich alles zu ersetzen, können wir nicht reparieren oder gar einfach so belassen, weil’s gar nicht so kritisch ist? Ist etwas Öl in der Bilge nicht ganz normal? Doch wieviel ist normal? Und was, wenn alles plötzlich schlimmer wird und wir in Grönland oder irgendwo dazwischen sind?
Es waren mehr diese Fragen, welche uns forderten, als die Reparaturen selbst. Klar, die Warterei auf die Ersatzteile brauchte Geduld und etwas Nerven. Und das Ersetzen der Dichtung war teilweise ein rechter Kraftakt, weil der Motor zuerst raus musste. Aber all die Fragen brauchten eine Antwort. Nur konnten wir diese uns nicht in allen Fällen, basierend auf unserer eigenen Erfahrung, geben. Und so mussten wir uns Antworten, zusammen gewürfelt aus Erfahrungen anderer Segler, aus Internetforen, aus Telefonaten mit Lars von Breehorn, mit lokalen Mechaniker und aus dem Studium der Betriebs- und Servicehandbücher selber basteln. Diese Antworten galt es dann in Zusammenhang mit unserem Zeitplan, daraus folgenden Risiken bezüglich Wetter und Zeitdruck und möglichen Alternativen abzugleichen und zu beurteilen.
Schliesslich hatten wir aber wieder einen funktionierenden Autopilot und eine dichte Dichtung (was in diesem Falle kein Pleonasmus ist resp. gewesen war). Zudem auch gleich ein Leck in der Kühlwasserleitung und ein weiteres zwischen Wassersammler und Auspuff repariert, welche davor, beim Test der neuen Dichtung, für Seewasser in der Bilge gesorgt haben
Als dann die Tage darauf, auch gleich gutes Wetter herrschte, nutzen wir die Chance und segelten in langen Schlägen nach Norden, entlang der Küste von Newfoundland, durch die Strait of Belle Ile nach Labrador und nach nur einer Nacht Pause weiter über die Labrador See nach Grönland. Knapp tausend Seemeilen in etwa einer Woche. Der Norden begleitet uns mit seiner ganzen Einzigartigkeit; Wale, Robben und Delfine, Eisberge, einmalige Landschaften, lange Tage mit fast unendlich strahlender Sonne, aber auch kühle Temperaturen, Stechmücken und undurchdringlicher Nebel.
Nur ein Eisbär, in sicherer Distanz, wär noch das Tüpfelchen auf dem i.
Wir lesen deinen Bericht lieber erst jetzt, euch im sicheren Grönland wissend…
Schreibt ein Buch über eure vielfältigen Erlebnisse!