Bye bye Lunenburg

Mit Wehmut segeln wir aus der Bucht von Lunenburg hinaus, weg von jener kleinen Stadt, die Richard Parker während den kalten Wintermonaten eine Heimat bot. Und dennoch freuen wir uns sehr, endlich wieder Wasser unter dem Kiel zu haben, die Segel zu hissen und bei wunderbar frühsommerlichem Wetter zum nächsten Teil unserer Reise aufzubrechen. Reisen bedeutet auch immer wieder Abschied nehmen, aufbrechen zu Neuem, sich vom Liebgewonnen zu verabschieden. Manchmal fällt es uns leichter, diesmal etwas schwerer.

Mit unserem Aufbruch verabschieden wir uns von Lunenburg und seinen Menschen. Selten haben wir auf unserer Reise so viel Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft erfahren. Die Stadt lebt in ihrer maritimen Tradition. Der Hafen mit seinen hölzernen Piers, die grossen Traditionssegler, die Fischerboote und die Yachten prägen das Bild. Am Pier werden Forschungsschiffe für die grosse Fahrt ausgerüstet, tonnenweise Jacobs-Muscheln von Fischkuttern entladen und daneben stellt die Crew einer rund hundertjährigen Yawl die frisch restaurierten Holzmaste. Im Hintergrund, in allen Farben bunt bemalt, Holzhäuser, ehemalige Lagerhäuser der Ausrüster und Fischereiflotten. Und kein Schiff fährt in den Hafen ein, ohne dass es mindestens von einer Person bemerkt wird, welche spätestens im «The Knot» Pub dann abends dafür sorgt, dass es auch alle anderen in Lunenburg erfahren. Und so passiert es, dass kaum die Leinen belegt sind, schon am Pier die ersten Neugierigen auftauchen und nach dem Woher und Wohin fragen und, vor allem, einem herzlich in Lunenburg willkommen heissen.

Einer jener Personen, welche jede Ein- und Ausfahrt auch berufsmässig registrieren, ist Doug. Er führt den «Boatlocker», das Geschäft für Schiffszubehör in Lunenburg und vermietet die Mooring Tonnen im Hafenbecken. Aber weit über das hinaus, ist er die Ansprechstelle für fast alles, was mit dem Boot zu tun hat. Er weiss Rat, kennt die besten Mechaniker, kann Ersatzteile beschaffen, fährt dich zur Tankstelle, füllt die Gasflaschen und erzählt dir beim gemeinsamen Bier im The Knot über versteckte Ankerplätze entlang der Küste von Nova Soctia.

Im The Knot trinkt man zuerst ein lokales Cider, zum Beispiel ein Bulwark an der Bar und wartet dabei auf einen freien Tisch. Hat man Glück, kriegt man einer der dunklen, gemütlichen Ecken und besonders bei kalten, regnerischen Tagen, wenn draussen der Nebel in den Strassen steht, vergisst man so rasch die Zeit und versinkt in der einzigartige Atmospähre dieses wunderbaren Pubs.

Nur am Freitag geht man nicht ins The Knot. Am Freitag geht man zu Larry’s Seaport Lunenburg. Es sieht auf den ersten Blick aus wie ein nautisches Antiquitäten Geschäft. Aber auch etwas wie eine Werkstatt, wo an kleinen Holzbooten gezimmert wird. Und in einer Ecke steht ein schwerer gusseiserner Ofen und davor eine Sitzgruppe. Und beim genaueren Hinsehen, fällt einem eine grosse Küche auf sowie ein Piano und ein Schlagzeug. Larry begrüsst mit Handschlag «ah, die Schweizersegler!» Und schon sitzen wir an einem der schweren alten Holztische zwischen all den Antiquitäten und Holzbooten, trinken unseren selbst mitgebrachten Wein und sind im Gespräch mit einem Ehepaar aus Südafrika, welches seit Jahren in Lunenburg lebt, treffen David wieder, unseren Gastgeber während der ersten Nächten in Lunenburg, stossen mit Colin und Laura, von der Yawl Latifa, an und diskutieren mit Penny, wie ein Umzug von New York nach Lunenburg das Leben verändern kann.

Am Tag davor, jeweils donnerstags, ist Wochenmarkt. Geht man früh, einen Cafe aus dem Becher schlürfend und den Marktständen entlang schlendernd, trifft man all die Segler, welche ebenfalls in Lunenburg überwintert haben. So auch John aus Montreal, der gerade die Abwasserleitungen auf seinem Boot myStar ersetzt, oder Stephen und Louise von der Wolfhound, welche mit der Mechanik ihres Kielschwertes kämpfen. Und wir tauschen uns aus, klönen gegenseitig unser Leid über kleine und grössere Baustellen an Bord, sind uns aber einig, dass wir mit niemandem tauschen möchten.

Und als wir unsere Segel nach dem Winter wieder anschlagen, stellten wir fest, dass trotz Inspektion und versprochener Reparatur, nicht alle Stellen so verstärkt worden sind, wie wir uns das gewünscht hätten. Doch Michele Sailloft beweist einen unvergleichlichen Kundendienst; innert zwanzig Minuten ist sie persönlich bei uns am Pier, holt die Segel ab und bringt diese auch gleich nach drei Stunden wieder zurück – diesmal zu unserer vollen Zufriedenheit! Und nebst einer mündlichen Entschuldigung überreicht sie uns auch eine formelle schriftliche Entschuldigung – vielmehr als wir erwartet hätten.

Und zu guter Letzt, verabschieden wir uns vom Coffee No. 9: Wer in Lunenburg auf der Suche nach einem feinen, echt französischen Croissant ist, findet es da. Nur, wir empfehlen sehr, ab fünf vor Neun am Tressen zu stehen und auf die tägliche Croissant -Lieferung zu warten, denn sie sind rasch wieder weg!

5 Gedanken zu „Bye bye Lunenburg“

  1. Wir wünschen euch gut‘ Wind aus der richtigen Richtung!
    Wir sehen uns in Holland Ende Saison und sind gespannt auf eure Erzählungen.
    Viel Glück und herzlichst
    Erika und Bernhard

  2. Das Lüneburg klingt ja richtig schön. Ich wünsche Euch eine gute Weiterreise, weiterhin schöne Erlebnisse und viel Freude.
    Und wir freuen uns auf Eure Rückkehr, wenn Ihr dann soweit seid!:-))

  3. Hallo Dominique und Vera
    Glückwunsch zu Eurer schönen Reise!
    Ich habe etwas Ähnliches vor, bin aber erst im Long Island Sound. Zum Winter suche ich auch einen Platz für mein Schiff. Ihr wart ja von Lunenburg ganz begeistert. Wie läuft es da ab? Mit stehendem Mast an Land? Was darf man selbst machen? Ist es möglich im Wasser zu überwintern? (Ich würde auch über die meiste Zeit in Deutschland sein). Gab es Probleme mit dem Zoll? Es soll da so eine neue Steuer für ausländische Yachten geben. Wäre nett wenn ihr euch meldet.
    Aber erst mal Fair Winds and following Seas
    Arnulf Doerner
    http://www.sy-ariel.de

  4. Hallo Vera und Dominik,mit grossem Intresse verfolge ich euer Segelabenteuer. Uh das wäre nichts für mich. Ich wünsche euch viel Glück und vor allem gute Winde. Die schönen Bilder zeigen wunderschöne Ausschnitte von eurer Reise. Liebe Grüsse Maria und Hans.

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