El Capitàn del Puerto

Nur noch «Wusch» und dann fertig, «Wusch», mit einer entsprechenden Handbewegung unterstrichen, «Wusch», ausdrucken meint der Capitàn del Puerto. Und dann haben wir endlich unser Cruising Permit. Endlich, jenes Dokument, das uns erlaubt, in den Gewässern von Panama legal zu segeln und vor allem die Grundlage dafür ist, dass wir das noch mehr ersehnte «Zarpe internacional» erhalten können, die Ausreisegenehmigung.

Aber wann sei dann das Dokument «gewuscht»? Schwierig zu sagen, meint der Capitàn del Puerto, schwierig, aber sicherlich in zwei Stunden. Oder morgen, meint er noch zuversichtlicher.

So zuversichtlich wie er, sind wir jedoch nicht. Denn seit bald zwei Wochen hören wir immer wieder andere Ausreden. Aber schön der Reihe nach:

Am kleinen Büro mit der grossen Aufschrift «Autoridad maritima de Panama» stehen auf einem handgeschriebenen Zettel die Öffnungszeiten, Montag bis Freitag, 0900 bis 1230 Uhr. Pünktlich um fünf Minuten nach neun Uhr stehen wir vor der geschlossenen Tür. Zusammen mit etwa einer Handvoll anderen Seglern. Alle mit dem selben Anliegen. Ein Cruising Permit. Man kennt sich, grüsst mit Namen, trifft man sich doch seit Tagen jeden Morgen vor dem verschlossenen Büro. Die ersten Wetten stehen bereits, wann der Capitàn del Puerto heute eintreffen wird. Wie immer hat 12:00 Uhr die höchsten Quoten. Und ja, kurz vor Mittag fährt das Taxi mit der Nummer 13486 vor. Der Capitàn del Puerto in seinem Dienstfahrzeug, der Repräsentant der Autoridad maritima de Panama. Im Taxi, denn er ist hauptberuflich Taxifahrer. Aber er fühlt sich auch den vielen Seglern in der Marina verpflichtet, das ist ihm wichtig und so fährt er fast einmal täglich raus in die Marina und schaut zum Rechten. Schon von weitem sieht er die wartenden Segler vor seinem Büro, er erwidert sogar deren gewunkenen Gruss. Dennoch macht er zuerst einmal einen Rundgang übers Gelände, Händeschütteln hier und da, Taxifahrer Kollegen grüssen, bei der netten Verkäuferin des Super Marktes vorbeischauen und noch rasch einen Kaffee in der Marina Bar.

Und während er noch im Kaffee rührt, verdirbt bereits wieder der Skipper der Richard Parker seine gute Laune. «Ob heute unser Cruising Permit nun vorliegt» will der Skipper wissen. «Keine Sorge, in zwei Stunden wird es vom Hauptbüro per Bus in die Marina geliefert» beruhigt der Capitàn del Puerto. Mit dieser Methode hat er schon seit Tagen beim Skipper Erfolg, der bedankt sich dann meist und kommt in zwei Stunden zurück, worauf er ihn wieder auf morgen vertröstet, da der Bus vom Hauptbüro leider, leider doch nicht gekommen sei. Aber heute nun hat er seine Frau mitgebracht und sie spricht auch noch etwas spanisch. Und sie will hartnäckig wissen, wann, wie und wieso erst heute in zweit Stunden und nicht schon vor drei Tagen. Der Capitàn del Puerto wird unruhig. So viele Details wollte noch nie jemand von ihm wissen, er, der Vertreter der Autorität von Panama. Und die hübsche Verkäuferin vom Super Markt hört auch noch zu. Schweisstropfen auf der Stirne, und das kurz vor seinen Osterferien!

Doch, doch, der Bus bringe heute Nachmittag das Dokument mit, nur noch «wusch», meint er, ausdrucken, «wusch». Der Skipper und seine Frau scheinen mit dieser Information schon fast zufrieden zu sein, er lehnt sich wieder erleichtert zurück doch nun mischt sich auch noch die Verkäuferin ein, ob er dann nicht kurz den Busfahrer anrufen könne und fragen, ob er das Dokument dabeihabe. Haben sich denn heute alle gehen ihn verschworen? Was für ein Ansinnen überhaupt! Glaubt ihm den hier keiner mehr? Aber was bleibt ihm übrig? Kann er dem Wunsch der hübschen Verkäuferin nicht entsprechen? Leidet dabei aber nicht seine Autorität? Was für ein Dilemma! Und das kurz nach Arbeitsbeginn. Doch er wäre nicht Capitàn del Puerto und Taxifahrer zugleich, wenn er nicht dafür auch rasch eine Lösung finden könnte – eine Sprachnachricht, das ist’s! Da kann erst gar keine Diskussion entstehen, einseitige Übermittlung, asynchrone Kommunikation. Perfekt.

Leider denkt der Busfahrer anders und ruft gleich zurück und weist den Capitàn del Puerto darauf hin, dass er nie am Nachmittag zum Hauptbüro fahre und sowieso nur, auf speziellen Auftrag hin. Einfach so nachgucken gehen, ob Cruising Permits auf etwelche Segler warten, tue er nie.

Der Tag des Capitàn del Puerto hat seinen Tiefpunkt erreicht. Die Schweizer schütteln den Kopf und die Verkäuferin zwinkert ihnen sogar verständnisvoll zu. «Morgen, sicher, gleich um 08:00 Uhr, wusch» versucht er sich zu retten. Dabei vergisst er glatt, dass er ja ab morgen in den Osterferien weilt.

Am nächsten Morgen nehmen die Schweizer ein Taxi und fahren nach Colon ins Hauptbüro. Nach kurzen Diskussionen wird eine Zarpe Internacional erstellt und dem Chef der Autoridad maritima de Panama zur Unterschrift vorgelegt. Der schaut die Unterlagen genau an, blickt die Schweizer vor seinem Schreibtisch streng an und fragt, warum sie eigentlich hier bei ihm sind und nicht das Dokument draussen in der Marina durch den Capitàn del Puerto unterzeichnen lassen. Der sei in den Ferien, meinen diese, worauf er erwidert, dass dies ihn, als Vorgesetzten des Capitàn del Puerto doch sehr erstaune.

Zwei Minuten später verlassen wir strahlend und im Besitz des lang ersehnten Dokumentes die Hafenbehörde.

Frohe Ostern, wir fahren jetzt nach Providencia!
(veröffentlicht, sobald wir die Hoheitsgewässer Panamas verlassen haben)

Ein Gedanke zu „El Capitàn del Puerto“

  1. Das erinnert mich doch sehr an die französischen/englischen/
    holländischen Antillen. Ein kleines Büro mit Hunderten an den Wänden aufgeschichteten Formularen mit Passagierlisten (im Original inkl. Passdetails)
    Inmitten ein kleiner runder schwarzer Mann… der Herrscher über Zeit und Ausreisepermit.
    Vor der meist geschlossenen Tür: Segler mit einigen Wochen (5) Ferien.

    Gute Reise!

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