Von Lissabon nach Porto Santo (Madeira)

Seit drei Tagen sind wir unterwegs, segeln von Lissabon nach Madeira, genauer nach Porto Santo auf der gleichnamigen Insel, welche rund 40 Seemeilen nordwestlich von Madeira selbst liegt.

So eine lange Fahrt ist ermüdend und die euphorischen Glücksgefühle, welche andere Segler bei Langfahrt, draussen auf See, fernab jeder Küste erleben, stellen sich bei uns (noch) nicht ein.

Die ersten beiden Tage und Nächte waren geprägt von gutem Segelwind und leider aber auch hohen und unangenehmen Wellen. So verbrauchten für eine Distanz, ähnlich wie von Romanshorn nach Genf, zwar keinen einzigen Tropfen Diesel dafür um so mehr Stugeron, ein Mittel zur Vorbeugung von Seekrankheit. Heute nun ist der Wind fast eingeschlafen und wir tuckern unter Motor weiter gegen Porto Santo und hoffen, am Mittwoch gegen Nachmittag dort im Hafen anlegen zu können. In diesem Moment kommt die Queen Elisabeth, ein 294m langes Kreuzfahrtschiff am Horizont in Sicht, welches direkt nach Madeira steuert und uns in ungefähr 3 Stunden überholen wird. Abgesehen vom wachhabenden Offizier wird wohl niemand der Passagiere, acht Stockwerke tiefer, im Wellental, das kleine Schiffchen mit der Schweizer Flagge bemerken. Ausser, dieser eine Passagier steht gerade zufällig am Fenster seiner Kabine, hat sich umgezogen für den Afternoon Tea und blickt, seine Augen im Nichts schweifen lassen, beim Binden der Kravatte auf die See hinaus. Was er denken mag? „Gibt es dort an Bord auch Afternoon Tea und müsste ich auch eine Kravatte dazu tragen?“. Nein. Falls es so einen Passagier geben würde, wäre die Antwort „Nein“. Kravatten muss man bei uns nicht tragen, aber Afternoon Tea liegt durchaus im Bereich des Möglichen.


Wir wechseln uns rund alle 3 Stunden mit der Wache ab und es stellt sich eine gewisse Routine ein. Wachen, schlafen, essen. Gesprochen wird wenig. Zwar hätte der, der wacht, etwas zu berichten, zum Beispiel von der Queen Elisabeth, dem Kreuzfahrtschiff, aber der, der schläft, schläft und schläft er nicht, so isst er, hat den Mund voll und mit vollem Mund redet man bekanntlich ja nicht. Man lebt fast ein wenig nebeneinander her und teilt sich doch eine grosse Aufgabe und schenkt dabei dem anderen das vollste Vertrauen. So ist der, der wacht, nicht nur für die Schiffsführung verantworlichm, sondern auch dafür, dass er sich so verhält, dass der, der schläft, ruhig einschlafen kann und nicht in der ständigen Angst, sich auf dem Kopfkissen hin und her wälzend, befürchten muss, beim Aufwachen alleine an Bord zu sein.

Für die kommende Nacht erwarten wir ruhige Bedingungen, leider aber nicht genügend Wind um anständig segeln zu können. Im Gegenteil, mit dem vorherrschenden Seegang schlagen die Segel nervtötend hin und her, hin und her. Mit jeder Welle einmal nach links und einmal nach rechts. Hin und her.
So nehmen wir sie jetzt ganz runter und laufen mit der Queen Elisabeth trotzdem ein kurzes Stück um die Wette.

2 Gedanken zu „Von Lissabon nach Porto Santo (Madeira)“

  1. Liebe beide. Eure Schilderung ist wirklich eindrücklich, das muss eine wahnsinnige Erfahrung sein – und Läuterung pur! Ich wünsche euch ein happy landing und dann wunderbare erholsame Tage auf der Insel. Herzliche Grüsse. Beatrice

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