Die Wellen von Nazaré

Nach der galizischen Küste, der Rundung des schroffen Capo Finisterre und den lieblichen Rias, grosse langgezogene Buchten, welche tief in das Land hineinführen und mit einer Vielzahl von geschützten Buchten und malerischen Ortschaften aufwarten, führt der Weg nach Süden entlang der portugiesischen Küste. Die portugiesische Küste ist für viele Segler die Angstküste von Europa. Selbst gestandene Nordseesegler, Nordmeerfahrer und Biscaya Bezwinger werden ganz leise und bescheiden, wenn es um eine Fahrt entlang der portugiesischen Küste geht.

Die unzähligen Hafen- und Revierführer werden auch nicht müde, vor den schwierigen Bedingungen, welche teilweise vorherrschen können, zu warnen und immer wieder zu predigen, dass viele Häfen nur bei guten Bedingungen anzulaufen seien und vor allem nie bei Wind und Welle aus südwestlicher Richtung, und schon gar nicht bei ablaufendem Wasser und bei heftigem Regen im Hinterland. Es mag fast der Eindruck entstehen, dass die Küste am besten grundsätzlich zu meiden sei.

Versucht der Skipper, all dieser Warnungen zum Trotz, zu ein paar Informationen über die sichere Navigation an dieser Küste zu gelangen, so findet er stattdessen in den einschlägigen Internetforen unzählige Geschichten von Seglern, welche die Warnungen ebenfalls so leichtfertig in den, im Sommer so selten vorherrschenden Südwest Wind geschlagen haben und in einer an Überheblichkeit fast nicht zu übertreffenden Selbstüberschätzung die Fahrt gewagt haben und nur knapp, nur ganz knapp dem seglerischen Waterloo, dem Totalverlust von Yacht, Crew und aller Seglerehre entgangen sind.

Nur wenige Quellen liefern realistische Einschätzungen und jene wichtigen Informationen, welche mit einer guten Portion Seemannschaft eine sichere Navigation ermöglichen.
Die Geografie der portugiesischen Küsten bietet nur wenige geschützte Orte für sichere Häfen. Die meisten Häfen sind den Wellen und dem Wind erbarmungslos ausgesetzt. Gerade im Winterhalbjahr von Oktober bis April, bei starken südwestlichen Winden und der unermüdlichen Atlantikdünung aus nordwestlicher Richtung entstehen so, in Kombination mit dem rasch ansteigenden Meeresgrund riesige Wellen, welche sich an der Küste zu wahren Monsterwellen auftürmen und mit urweltlicher Kraft in den Hafeneinfahrten brechen und auf die Küsten donnern.

Was des Seefahrers Leid ist, ist des Surfers Glück – so sind die grössten Wellen der Welt in Nazaré, südlich von Porto, mit über 30 Metern Höhe gemessen und werden immer wieder für waghalsige Rekorde genutzt. Seit Februar 2013 hält der Wellenreiter Robin McNamarra den Rekord mit der höchsten gerittenen Welle von rund 30 Metern, nördlich der Hafeneinfahrt von Nazaré.
Im Sommerhalbjahr ist die Situation deutlich ruhiger – dennoch lohnt es sich die Wellen, den Wind und den Zustand der verschiedenen Hafeneinfahrten zu beobachten. Selbst bei wenig Wind kann eine unangenehme Welle, welche vielleicht über tausende Seemeilen entfernt im Atlantik entstanden ist, auf die Küste treffen und die Fahrt ungemütlich machen.

Unser Video zeigt den Strand von Nazaré, bei moderatem Wind und wenig Dünung und Welle. Man kann sich wohl leicht ausmalen, wie es aussehen könnte, wenn der Wind stärker und die Atlantik Dünung höher wären – dann hätte es aber wohl auch mehr als bloss einen Wellenreiter im Wasser.

Für Interessierte:
Wir haben bei nordwestlichen Winden von 4 bis 5 Windstärken und Wellen von etwa zwei Metern im Abstand von über 10 Sekunden aus 330° den Hafen Viano do Castelo, Figueira da Foz und Nazaré ohne jegliche Probleme angefahren. Aveiro haben wir jedoch wegen der Welle nicht angelaufen, obschon die portugiesischen Behörden keine Sperrung oder Teilsperrung der Einfahrt für Yachten kommuniziert hätten, haben wir uns dabei nicht wohl gefühlt und haben die 35 Seemeilen nach Figueira noch drangehängt.

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